Dynamisch durch die Krise mit Huplant

von Patrick Durrer

    Das Wichtigste in Kürze

  • Lockdown: Tore wurden geschlossen
    Aufgrund des Coronavirus musste die Huplant Pflanzenkultur AG ihre Tore am 17. März schliessen. Einen digitalen Absatzkanal gab es bis dahin nicht.
  • Dynamischer Wandel
    Innert 11 Tagen haben wir gemeinsam mit der Huplant ein Konzept für ein digitales Bestellformular erarbeitet, realisiert und die dafür notwendigen Prozesse etabliert.
  • Mit Erfolg!
    Zehn Tage nach der Online-Schaltung wurden täglich bis zu 250 neue Bestellungen generiert. Aus Gärtner und Verkäufer wurden kurzerhand Logistiker, Produktfotografen und CMS-Spezialisten.

Rückblick auf eine aussergewöhnliche Zeit

Am 17. März 2020 wurden vom Bundesrat einschneidende Massnahmen im Kampf gegen das Coronavirus verhängt: der Lockdown. Unzählige Unternehmen konnten ab diesem Zeitpunkt ihre Kunden nicht mehr in ihren Läden bedienen. Und jetzt? Abwarten? Tee trinken? Für viele Firmen war das keine Option und sie versuchten, einen kreativen Weg in der Krise zu finden, damit sie zumindest einen Teil ihres Geschäftes aufrechterhalten können.

In diesem Blog-Beitrag stellen wir eines dieser unzähligen Beispiele vor, welches wir aktiv durch den Lockdown begleiten durften.

Huplant Pflanzenkulturen AG

Die Vorgeschichte: Huplant betreibt ein Gartencenter und ein dazugehöriges Restaurant im Hirschthal (Kanton Aargau). Nach rund 10 Jahren durften wir 2019 einen neuen Webauftritt mit ihnen planen, gestalten und realisieren. Seither betreuen wir das Team um Adrian Huber (Geschäftsführer) rund um das Thema Web.

17. März: Tag des Lockdowns

An diesem Tag erreichten uns viele Anfragen, um einen Corona-Info-Banner auf der Website einzufügen. So auch von der Huplant, die ihre Tore vom einen auf den anderen Tag schliessen musste.

Auszug aus E-Mail vom 17. März - 11:04 Uhr:

Wäre es möglich auf unserer Webseite eine Information aufzuschalten, dass das Gartencenter geschlossen ist? Das wäre super, denn wir ertrinken fast in Anrufen.

Ein paar Minuten später war der präsente Informationsbanner auf der Website. Doch dass dies die Situation nicht nachhaltig entschärfen wird, war Adrian Huber klar. Es brauchte eine schnelle Lösung um die vergängliche Grünware an Herr und Frau Gärtner zu bringen. So erreichte uns an diesem Tag eine zweite Nachricht:

Auszug aus E-Mail vom 17. März - 11:38 Uhr:

Guten Tag Patrick, kannst Du mich bitte kurz anrufen?

Die Anforderung seitens Huplant war klar: Eine schnelle Lösung. An einer Telefonkonferenz sind wir deshalb die verschiedenen Szenarien miteinander durchgegangen:

  • Individueller Online-Shop: Realisation dauert zu lange
  • Baukasten (Shopify, Jimdo): Kein internes Know-how für Verwaltung vorhanden.
  • Einfaches Bestellformular: Schnell realisierbar & Know-how für Verwaltung vorhanden.

So haben wir noch am gleichen Abend die ersten Skizzen für eine mögliche Lösung erarbeitet und ein möglichst effizientes Vorgehen definiert. So digitalisierte das Huplant-Team sämtliche Produkte während dem wir zuerst das Backend (Verwaltung) programmierten, damit die Produkte anschliessend erfasst werden konnten. Während dem Erfassen wird anschliessend eine erste Basis-Version des Frontends (Bestellformular) erstellt, ohne grossen Schnicknack, aber bereit für die ersten Bestellungen.

Erstes Mockup für das geplante Bestellformular
Erstes Mockup für das geplante Bestellformular

18. März: Der Startschuss

Im Verlauf des nächsten Vormittags wurden dann noch die Details geklärt und verschiedene Kernelemente (Produktinformationen, Kategorisierung, Struktur etc.) miteinander definiert. So war das Projekt bis am Nachmittag soweit und Adrian Huber erteilte den Startschuss:

Auszug aus E-Mail vom 18. März - 14:10 Uhr:

Somit geben wir gerne das O.K. für die Ausführung.

Das Huplant-Team begann mit dem zusammentragen von Produktinformationen und wir mit der Programmierung des Backends.

23. März: Backend ist bereit

Nur fünf Tage später war es dann soweit. Sowohl das Huplant-Team, als auch die OFFLINER haben mächtig in die Pedale getreten und die knapp 500 vorbereiteten Artikel konnten in die erste Version des Backends abgefüllt werden.

25. März – 27. März: Testen, testen, testen

Wiederum zwei Tage später stand das Frontend und damit begann wohl auch die grösste Herausforderung dieses Projektes: das akkurate Testing. Normalerweise werden solche komplexeren Systeme (Warenkorb, Artikelverwaltung, Bestellmanagement) über Tage, Wochen oder sogar Monate getestet, verbessert, getestet, verbessert, getestet...

Diese Zeit war schlichtweg nicht vorhanden, wir versuchten trotzdem das Beste daraus zu machen. So haben wir mit einem geplanten Testing versucht, möglichst bereite Teile der Applikation abzudecken. Zeitgleich hat das Huplant-Team unzählige Testbestellungen ausgelöst um möglichst viele Fehler aufzudecken. So füllte sich unser Ticket-System mit Tickets wie: Seitenfehler, Warenkorbinhalt geht verloren, Session läuft zu früh ab, Mail muss noch formatiert werden – die es alle möglichst schnell zu erledigen galt.

28. März: Kein Weg zurück

Die Produkte waren abgefüllt, die gefundenen Fehler behoben und das System soweit wie möglich getestet. So war die Frage der - verständlicherweise etwas ungeduldigen - Huplant am Samstagvormittag klar:

Auszug aus E-Mail vom 28. März - 10:05 Uhr:

Was meinst Du, können wir heute noch Online gehen?

Per Telefon sind wir mit Adrian Huber nochmals alle möglichen Szenarien durchgegangen und auch der Möglichkeit, dass sich wegen der begrenzen Testzeit noch grössere Fehler in der Applikation befinden könnten. Ein Risiko, dass wir eingehen konnten, da alles besser war, als der aktuelle Komplettstillstand.

3... 2... 1...

Facebook-Post von Huplant für das neue Bestellformular.
Facebook-Post von Huplant für das neue Bestellformular

Der Zug rollt

Die Resonanz war enorm. Bereits am ersten Tag waren es 29 Bestellungen, nach dem ersten Wochenende 75, nach der ersten Woche 524. Oder anders gesagt: Pro Tag mussten jetzt durchschnittlich 75 Online-Bestellungen von einem Unternehmen abgehandelt werden, dessen Hauptwarenfluss bisher über der Ladentheke stattgefunden hat. In den nächsten drei Tagen hob sich diese Zahl auf unglaubliche 215 Bestellungen pro Tag und war somit nicht mehr handelbar mit den bestehenden manuellen Abläufen.

Innert weniger Tagen entwickelten wir deshalb eine Schnittstelle vom Bestellformular zum ERP. Bestellungen konnten so per Knopfdruck ins Administrationssystem der Huplant importiert und abgewickelt werden. Eine Entlastung für das ganze Huplant-Team und eine radikale Umstellung der bisherigen Prozesse. So brauchte es für den neuen Prozess kein einziges Blatt Papier mehr und die Bestellabwicklung lief zu 100% digital.

Schritt für Schritt wurden so laufend neue Funktionen zum Bestellformular hinzugefügt:

Der Abholplaner: Damit kann der Kunde exakt timen, wann er die bestellte Ware im Gartencenter abholen möchte. Mühsame Telefonate oder Staus bei der Abholung konnten so mehrheitlich beseitigt werden. Auch war es so einfacher, die vorgeschriebenen Hygienemassnahmen einzuhalten.

Die Suchfunktion: Mit einer globalen Suche kann der Produktkatalog mit mittlerweile über 1'000 Produkte einfach durchsucht werden.

Überkategorien: Mit den Überkategorien, kann sich der Kunde besser im Katalog orientierten.

Das Bestellformular wurde laufend ergänzt und den Bedürfnissen angepasst.
Das Bestellformular wurde laufend ergänzt und den Bedürfnissen angepasst.

Alles andere als perfekt ‒ und darum perfekt.

Kurz nach der Veröffentlichung des Shops bekamen wir von einigen Seiten Rückmeldungen über das Bestellformular, vor allem von Branchenkolleginnen und -kollegen. Zusammengefasst lautete das ungefähr so:

Würde ein vollwertiger Shop, die Navigation nicht stark vereinfachen? Warum habt ihr nicht einen Checkout-Prozess gemacht mit mehreren Schritten? Warum habt ihr nicht implementiert, dass der Kunde direkt bezahlen kann? usw.

Gerne beantworte ich diese Frage mit einem «Ja, ihr habt absolut recht. Aber ihr liegt trotzdem komplett daneben!»

So wären wir mit einem regulären Shop wahrscheinlich heute noch in der Entwicklung und Huplant hätte innerhalb des Lockdowns nicht mehr als 3'000 Online-Bestellungen entgegengenommen. Angepasste Checkout-Prozesse, User-Stories, Online-Zahlungen, relevant gestaltete Produktdetailseiten ‒ das alles benötigt viel Planung, Arbeit und somit auch Zeit. Nun, wo der Druck durch die Wiedereröffnung wieder etwas weggenommen wurde, ist es jedoch Zeit, über langfristige Lösungen nachzudenken.

Ist darum jetzt alles bisher entwickelte für die Katz? Nein, überhaupt nicht. Zum einen funktioniert das Bestellformular nach wie vor und wird von vielen Huplant Kunden geschätzt und genutzt. Natürlich nicht mehr von so vielen, wie während dem Lockdown. Aber das Ziel war es ja nicht, das physische Gartencenter zu ersetzen. Zum anderen können wir nun sämtliche Learnings aus diesem erfolgreichen Hardcore-Experiment nutzen, um diese digitalen Prozesse längerfristig bei Huplant zu implementieren.

Chapeau an die Huplant

Erst nachdem sich der Trubel etwas gelegt hat und wir auf die aussergewöhnlichen Zeit zurückblicken konnten, wurde uns so richtig bewusst, wie unglaublich flexibel und toll das Huplant-Team diese Herausforderung gemeistert hat. Innert weniger Tagen wurden aus Gärtnerinnen und Verkäufer Produktfotografen, Logisiker und Digital Content Manager. Da kann sich noch die eine oder andere «agile» Agentur eine Scheibe davon abschneiden.

Nach ersten Gesprächen mit Adrian Huber, freuen wir uns darauf, dass die Huplant den digitalen Weg auch längerfristig bestreiten möchte. Liebe Garten-Fans, ich hoffe ihr versteht, wenn wir uns dieses Mal mehr als 11 Tage Zeit nehmen, um eine nachhaltige Lösung zu erarbeiten ;)

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